KOMET MRKOS (C/1957 P1)

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GESCHICHTE DES KOMETEN

"The sudden appearance of Comet Mrkos as a naked-eye comet near the beginning of August provided another excellent opportunity for comet observers less than four months after the excitement of Comet Arend-Roland." (Halliday 1957)

Die frühe Entdeckung von Komet Arend-Roland im Jahr 1956 war ausgesprochen untypisch gewesen. Die hellen Kometen im 19. Jh. und in der ersten Hälfte des 20. jh. waren zum größten Teil erst wenige Tage oder Wochen vor oder sogar nach ihrer Perihelpassage aufgefunden worden, als sie bereits auffällige Objekte darstellten. Oftmals wurden sie von zahlreichen Personen - meistens Laien - gleichzeitig erstmals gesichtet. Solche Schweifsterne wurden denn auch nicht nach einzelnen Entdeckern benannt, sondern erhielten im Nachhinein einen beschreibenden Namen. Zuletzt war dies bei C/1947 X1 ("Großer Südkomet") und C/1948 V1 ("Finsterniskomet") der Fall gewesen. Ende Juli 1957 tauchte erneut ein heller Komet völlig überraschend auf. Anders als bei den vorgenannten Beispielen sind die Namen der Entdecker allerdings bekannt. Zuerst gesichtet wurde der neue Schweifstern am 29.07.57 von S. Kuragano in Japan; der Pilot Peter Cherbak beobachtete ihn sowohl am 31.07. als auch am 01.08.57 über Colorado. Es war das zweite Mal nach C/1948 V1, dass ein Komet aus einem Flugzeug (wieder)entdeckt wurde. Als nächster fand Antonín Mrkos den Schweifstern mit einer Helligkeit von 1.0 mag am Morgen des 02.08.57. Der tschechische Astronom war zu diesem Zeitpunkt bereits ein erfahrener Kometenjäger, neben dem Japaner Minoru Honda sogar der erfolgreichste um die Mitte des 20. Jahrhunderts. Mrkos meldete seine Beobachtung sofort an die Zentralstelle in Kopenhagen - als Erster. Dank dieser Professionalität wurde seine Laufbahn mit einem hellen Schweifstern, der seinen Namen trug, gekrönt.
Die Nachricht von dem interessanten Objekt verbreitete sich offenbar nur zögerlich. Noch am 03., 04. und 05.08.57 erfolgten mehrere unabhängige "Entdeckungen" in Kanada und Großbritannien, u.a. durch den erst 16jährigen Clive Hare. Bahnberechnungen zeigten, warum der Komet erst um seine Perihelpassage (01.08.57) sichtbar geworden war. Vorher hatte er von der Erde aus gesehen stets in unmittelbarer Sonnennähe gestanden. Bis in den August hinein löste er sich auch kaum aus der Morgendämmerung und wanderte nur langsam nach Norden. Obwohl er nördlich des 52. Breitengrades nach dem 10.08.57 für einige Tage zirkumpolar wurde, stand er am nachtdunklen Himmel nahe am Horizont. Zudem störte der Mond (Vollmond am 10.08.57) um diese Zeit die Beobachtung, und zu allem Überfluss herrschte zumindest in Großbritannien, teilweise wohl auch in Deutschland, bewölktes Wetter vor. Erst nach der Monatsmitte besserten sich die Bedingungen, als Mrkos in der Abenddämmerung gut mit bloßem Auge zu sehen war. Anfang September störte dann nicht nur erneut der Mond, sondern auch - sicherlich ein absolutes Kuriosum in der Kometengeschichte - in den Nächten 02./03. und 03./04.09.1957 helles Polarlicht die Beobachtung (Beyer 1959). Dass dennoch zahlreiche qualitativ wertvolle Beobachtungen gelangen, war der Tatsache geschuldet, dass die Helligkeit des Schweifsterns nur allmählich abnahm, in jeweils 10 Tagen um etwa 1 mag. Erst um den 20.09.57 unterschritt er die 6. Größenklasse.

Bahn des Kometen Mrkos durch das innere Sonnensystem
Bahn des Kometen Mrkos durch das innere Sonnensystem. Eingezeichnet ist seine Position am 13.08.1957, als er seine nördlichste Position über der Erdbahnebene erreichte und am besten beobachtet werden konnte. Danach bewegte er sich wieder nach Süden (links in der Grafik) und näherte sich von der Erde aus gesehen scheinbar immer mehr der Sonne an, obwohl er sich in Wirklichkeit rasch von ihr entfernte.

Komet Mrkos präsentierte sich mit deutlich voneinander getrennten Gas- und Staubschweifen. Erreichte erstgenannter bis zu 15 Grad Länge, so wurden für den visuell viel besser wahrnehmbaren breiten und teils diffusen Staubschweif meist nur 2 bis 4 Grad angegeben. Besonders wissenschaftliches Interesse fand der reich strukturierte Gasschweif. Die Beobachtungen deuteten auf die Bündelung der Schweifstrahlen durch Magnetfelder hin, was wiederum ein Indiz für einen elektrische geladenen Teilchenstrom von der Sonne darstellte. Dieser Sonnenwinds wurde im Jahr 1959 durch die Mondsonde Luna 1 erstmals direkt gemessen; seine Existenz wurde endgültig 1962 durch die Venussonde Mariner 2 bewiesen. Die hohe Staubfreisetzung des Kometen sorgte für ein extrem kräftiges kontinuierliches Spektrum. Dank neuer hochauflösender Methoden konnten dennoch Untersuchungen des Linienspektrums durchgeführt werden, wodurch der Nachweis eines etwa 10 Millionen Kilometer langen Natriumschweifs gelang. Bedeutender noch war der Nachweis atomaren Sauerstoffs an Hand der "verbotenen" roten Spektrallinien um 630 nm. Da Sauerstoff mengenäßig Kohlenstoff (in Form des Dicarbons) bei weitem überstieg, kamen als Muttermoleküle nicht Kohlenstoffoxide, sondern nur Wasser in Frage. Zum endgültigen Beweis, dass H2O unter den gefrorenen Gasen des Kometenkerns dominiert, musste der ebenfalls freigesetzte Wasserstoff gefunden werden. Das war jedoch zunächst nicht möglich, da dessen Emissionslinien im UV-Bereich liegen und somit nur außerhalb der Erdatmosphäre aus messbar sind.
Auch der Staubschweif von Komet Mrkos erregte Interesse, denn er entwickelte Striae (Foto), welche zuvor überhaupt erst dreimal, bei C/1743 X1 (Klinkenberg), C/1858 L1 (Donati) und C/1910 A1 (Großer Januarkomet), beobachtet worden waren. Nachdem 1976 C/1975 V1 (West) einen mächtigen Staubschweif mit zahlreichen Striae ausgebildet hatte, erschienen in den 1980er-Jahren erneut mehrere Publikationen über Mrkos. Dieser war zu jener Zeit nicht nur Forschern, sondern auch interessierten Laien durchaus noch ein Begriff, wurden Fotos von ihm doch vielfach als Beispiel für deutlich getrennte Gas- und Staubschweife abgedruckt. Dass der zwar helle, aber im visuellen Erscheinungsbild nicht allzu imposante Mrkos meist in einem Atemzug mit Arend-Roland genannt wird, liegt jedoch nicht nur daran, dass er ebenfalls zum Lehrbuchkometen wurde, sondern auch, dass er nur wenige Monate nach jenem in Erscheinung trat. In der öffentlichen Wahrnehmung des Jahres 1957 blieb Mrkos durch die ungünstigeren Beobachtungsbedingungen und sein plötzliches Auftreten hinter Arend-Roland etwas zurück. Die Forscher-Gemeinde wurde zwar auch von Mrkos überrascht, war aber dank der noch frischen Erfahrungen mit seinem Vorgänger nicht unvorbereitet.

Steckbrief des Kometen Mrkos
Entdeckung: 02.08.1957
Perihel: 01.08.1957, 0.35 AE
Erdnähe: 13.08.1957, 1.07 AE
Neigung der Bahn zur Erdbahn: 94 Grad
Umlaufszeit um die Sonne: unbekannt
Mit bloßem Auge sichtbar: 29.07. - 13.09.1957
Max. Helligkeit: 1.0 mag
Max. Schweiflänge: 15 Grad

FOTOS DES KOMETEN

Google Bildersuche: "Comet Mrkos 1957"

Komet Mrkos
Komet Mrkos mit reich strukturiertem Gasschweif (unten) und kurzem Staubschweif (oben). Bildnachweis: NASA

Zu diesem Kometen sind uns z.Zt. keine Webseiten bekannt.

LITERATUR

Beyer, Max (1959): Physische Beobachtungen von Kometen. XI. Astronomische Nachrichten 284, 241-262.

Biermann, Ludwig & Treffitz, Elisabeth (1964): Über die Mechanismen der Ionisation und der Anregung in Kometenatmosphären. Zeitschrift für Astrophysik 59 (1), 1-28.

Eichhorn, Marianne (1964): Komet Mrkos (1957 d). Die Sterne 34 (1/2), 43.

Halliday, Ian (1957): Observations of Comet Mrkos in Northern Alberta. Journal of the Royal Astronomical Society of Canada 51, 323-326.

Hendrie, Michael J. (1996): The two bright comets of 1957. Journal of the British Astronomical Association 106 (6), 315-330.

Lüst, Rhea (1962): Die Bewegung und Form von Strukturen im Schweif des Kometen Mrkos 1957 d. Zeitschrift für Astrophysik 54, 67-97.

McClure, Alan & Liller, William (1958): Rayed structure in the tail of Comet Mrkos, 1957 d. Proceedings of the Astronomical Society of the Pacific 70, 404-406.

Notni, P. & Thänert, W. (1988): The striae in the dust tails of great comets - a comparison to various theories. Astronomische Nachrichten 309, 133-146.

Novikov, G.G. (1974): Sodium emission in comet Mrkos 1957d. Soviet Astronomi 17 (4), 559.

Scubart, J. (1958): Die hellen Kometen der letzten 50 Jahre. Die Sterne 34 (3/4), 97-104.

Sekanina, Z. & Farrell, J.A. (1982): Two dust populations in particle fragments in the striated tail of Comet Mrkos 1957 V. The Astronomical Journal 87 (12), 1836-1853.